Komposition: eine unerschöpfliche Vielfalt möglicher Synthesen

Oft versuche ich in meinen Kompositionen, widerstrebende Kräfte der Neuen Musik zu einer persönlichen Tonsprache zu verbinden. Sie ist häufig von pulsierender Rhythmik erfüllt und dann doch immer wieder von ametrischen Klangflächen durchzogen; die Harmonik ist meist freitonal, kippt aber immer wieder ins Atonale; und wenn in meinen Orchesterstücken immer wieder kammermusikalische Passagen erklingen, ist die Kammermusik oft von symphonischem Duktus erfüllt.

Klaviertrio

für Violine, Cello & Klavier [ 2018/2019 ]
Dauer: 17’00“
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Heute, da der Begriff des Fortschritts sich zu überschlagen und selber in Regression überzugehen beginnt …
Theodor W. Adorno, Kritik des Musikanten (1956)

Wie kaum eine andere Gattung wurzelt jene des Klaviertrios in der bürgerlichen Musiktradition des 18. und 19. Jahrhunderts, ohne – wie etwa die Gattung des Streichquartetts – im 20./21. Jahrhundert durch „Meilensteine“ des Repertoires radikale Neudeutungen erfahren zu haben. Eine solche strebt auch das vorliegende Trio nicht an. Vielmehr war beabsichtigt, die durch Komponisten wie Schubert, Dvořak und Brahms begründete Kammermusiktradition aus der Perspektive der Gegenwart fortzuschreiben, konkret: identitätsstiftende Gestaltungsmittel des klassisch-romantischen Musikrepertoires wie pulsierende Rhythmik, melodische Phrasenbildung und durchaus auch tonale Verläufe zu rehabilitieren (wer, wie Adorno, will, mag dies gerne als „Regression“ betrachten!), gleichzeitig aber die Errungenschaften zeitgenössischer Tonsprachen aufzugreifen und damit (in dialektischem Sinn) die oft als widersprüchlich empfundene Gegensätze von „traditioneller“ und „progressiver“ Tonsprache miteinander zu versöhnen. In diesem Zusammenhang ist besonders die Verschränkung von rhythmisch synchronisierten Teilen mit quasi-aleatorischen Abschnitten eines „freien“ Zusammenspiels von Bedeutung. Das Werk besteht aus drei nahtlos ineinander gehenden Sätzen: Ein pulsierender Zentralteil wird von zwei langsamen Abschnitten flankiert, deren lyrische Grundstimmung manchmal durch energische Eruptionen aufgebrochen wird.

Martin Lichtfuss

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Straightforward

für Streichsextett [ 1994/2017 ]
Dauer: 13’00“
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Noch nie war das Spektrum unterschiedlicher Musikrichtungen und –stile so breit gestreut wie heute. Als Komponist fühle ich mich von zahlreichen Tendenzen und Klangwelten angezogen und bin immer wieder bestrebt, verschiedenste Einflüsse auf eine persönliche Weise miteinander zu verbinden. Gelegentlich ergab sich für mich eine Art „Pendeln“ zwischen einer eher „kopflastigen“ und einer „bauchlastigen“ Arbeitsweise, freilich nie das eine oder andere ganz ausklammernd.

Beim Schreiben von straightforward nahm ich nach einigen konstruktiv ausgerichteten Kompositionen wieder einen eher „spontanen“ Standpunkt ein. Es ging mir um die Auseinandersetzung mit traditionellen musikalischen Strukturen und um den Versuch, diese in eine zeitgemäße Sprache einzubinden. Hierbei ergab sich freilich ein (spannender) Balanceakt: permanent der Gefahr einer gewissen Abgeschmacktheit entgegensteuernd, die aus der Verwendung vertrauter Klangwirkungen (etwa durmoll-tonaler Elemente) resultiert, war ich bestrebt, das Gleichgewicht durch ein Zusammenspiel von Harmonik und Rhythmik zu wahren. Dort, wo etwa Dreiklänge Vertrautes zu Gehör bringen, habe ich die Regelmäßigkeit des Metrums bewusst gebrochen; so wird, durch asynchrone Fortschreitungen der einzelnen Stimmen, zu traditionellen Elementen Distanz erzeugt und die notwendige Neutralisierung erzielt, sodass der Eindruck entsteht, Bekanntes ergebe sich unbeabsichtigt, zufällig, nebenbei.

Mit „direkt“, „unmittelbar“ oder einfach „drauflos“ könnte man den Titel straightforward übersetzen, als Umschreibungen eines Begriffes, der sich adäquat aus dem Englischen ins Deutsche eigentlich nicht übertragen lässt. 

Martin Lichtfuss

3 Stücke

für Tenorsaxophon und Klavier [ 2013 ]
Dauer ca. 14’00“
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Heterogenes zu neuer Identität zu verschmelzen war immer schon eines meiner kompositorischen Anliegen. So gilt meine Wertschätzung nach wie vor einer freitonalen Harmonik und einer über weite Strecken pulsierenden Rhythmik, wenn auch beide immer wieder mit Klangmöglichkeiten erweiterter Spieltechniken konfrontiert und damit aufgebrochen werden. In vielen meiner Stücke spüre ich einer Verschränkung dieser traditionellen Gestaltungsmittel mit experimentellen geräuschhaften Klängen nach.

Das Saxophon – einst in der Welt der Klassik ein musikalischer „Migrant“, inzwischen in der zeitgenössischen Musik ebenso etabliert wie in der Unterhaltungs- und Kommerzszene – hat, indem es unterschiedliche Hörwelten repräsentiert, seinen Status als musikalischer „Grenzgänger“ immer noch inne. Und das ist gut so, kann es doch (sofern es nicht im Übermaß „assimiliert“ wurde und damit seine ursprüngliche Identität preisgegeben hat) Barrieren niederreißen, Gegensätzliches verbinden und Brücken bauen.

Martin Lichtfuss

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Monolog

für Posaune [ 2011 ]
Dauer ca. 04’40“
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Re-Cycle

für Holzbläserquintett [ 2011 ]
Dauer ca. 11’00“
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Bläserquintett der Wiener Symphoniker:
Karl-Heinz Schütz, Flöte
Paul Kaiser, Oboe
Alexander Neubauer, Klarinette
Robert Gillinger, Fagott
Gergely Sugár, Horn

Nicht nur im Bereich des Alltags, auch in künstlerischen Belangen erweisen wir uns immer wieder als Wegwerfgesellschaft: Wenn beständig alles „neu“ sein muss, nichts „abgerufen“ oder wiederholt, alles nur möglichst konzentriert und höchstens einmal gesagt werden darf.

Beständige Innovation als Zwang birgt die Gefahr der Inflation vordergründiger Effekte und damit eines problematischen Materialverschleißes. Re-Cycle versteht sich durch die Integration alternativer Spieltechniken in ein insgesamt traditions¬verbundenes Klanggeschehen als Plädoyer für „nachhaltiges“ Komponieren.

Darüber hinaus verweist der Titel auf die kreisförmige Anlage des Stücks.

Martin Lichtfuss

Presse

Es gilt nicht mehr, auf Teufel komm raus anders klingen zu wollen. In der Erkenntnis, dass alles Spekulative letztlich nur an der Oberfläche kratzt, war des Hineinhören in sich selbst angesagt. So schöpfte man aus dem akustischen Vorrat der Welt. Weder räumliche, zeitliche oder thematische Tabus waren angesagt. Allein der Titel „Re-cycle“, ein Werk für Holzbläserquintett von Martin Lichtfuss, war bezeichnend. Ein komplexes Klanggebilde, ohne Scheu spätromantische Melodik mit pulsierender Rhythmik und modernen Spieltechniken kombinierend.

Markus Hauser, Tiroler Tageszeitung, 26.5.2012

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K*tzbühel. Eine patriotische Huldigung

für Streichquartett und Akkordeon [ 2008 ]
Dauer ca. 17’00“
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1. Satz, Von Jägern und Schürzen
2. Satz, Von Stadln und Musikanten

BONZAH-Quartett
Chih-Yu Ou, Shan-Wu Wu – Violinen
Julia Purgina – Viola
Chih-Hui Chang – Violoncello
Alfred Melichar – Akkordeon

Durch die Medien- und Unterhaltungsindustrie unserer Wohlstandsgesellschaft werden wir permanent von Show zu Show gejagt, von Fest zu Fest geschleudert und fortwährend angehalten zu „feiern“ (auch wenn wir gar nicht mehr wissen, was). Einschlägige ProtagonistInnen propagieren in Hochglanzformaten die „wahre“ Lebenskunst: sportliche Lenker rasanter Schlitten, kristallin funkelnde Society-Tigerinnen, jodelnde Après-Skifahrer, gestylte Lobbyisten – die Vorbildwirkung dieser Idole gibt mehr zu denken als sie selbst. Die grauenhafte Unechtheit der medialen Wirklichkeit enthüllt, dass die schillerndsten Exponenten der eingeschworenen Party-Schickeria letztlich das Gegenteil ihres äußeren Erscheinungsbildes verkörpern: Hinter einer vorgespiegelten Fassade stehen sie als Antithese ihrer selbst vor uns wie Zeugen einer umfassenden gesellschaftlichen Verkümmerung.

Eine ihrer abstoßendsten Erscheinungsformen tritt uns in der „volksdümmlichen“ Musik gegenüber, welche die wichtigste „Inspirationsquelle“ für dieses Stück liefert. Doch beim Versuch, deren ekelerregende kommerzielle Anbiederung zu demaskieren, ereignet sich Unerwartetes: Entkleidet von allem klanglichen Firlefanz wird bei den meisten Liedern authentisches volksmusikalisches Gut erkennbar: Da entfalten sogar die übelsten Schlager einen Hauch von Charme… 

Martin Lichtfuss

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Trilogie

für Violoncello und Klavier [ 2006 ]
Dauer ca. 17’00“
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1. Quasi recitativo
2. Schwungvoll
3. Verträumt; sehr langsam und frei

Florian Kitt – Violoncello
Rita Medjimorec – Klavier

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Auf dem Kratzbaum

für Violine und Klavier [ 2002/2003 ]
Dauer ca. 8’00“
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Rhapsodien I & II

für Sopran und Viola d’amore [ 2002/03 ]
Dauer 15’00“
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1. Gemessen — Presto
2. Ruhig; frei — Beschwingt — Tempo I

Die Rhapsodien für Sopran und Viola d’amore entstanden 2002/03 auf Anregung von Albena Naydenova und Marianne Rônez. In ihnen verbindet sich lyrische Empfindung mit lockerer Spielfreude.

Das erste Stück entfaltet sich in breiten lyrischen Bögen und spannt die beiden Stimmen in einen beziehungsvollen Zwiegesang. Der Sopranpart ist durchwegs instrumental gehalten und bewegt sich weniger dialogisierend als gemeinsam mit der Viola. Eine überraschende Stretta markiert die Grenze zum zweiten Stück.

Diesem liegt die Absicht zugrunde, durch Einbeziehung von rhythmischen und melodischen Modellen, die im allgemeinen weder mit alter Musik noch mit dem »noblen« Charakter der viola d’amore in Verbindung gebracht werden (etwa Jazzfloskeln u.ä.) dem Instrument einen neuartigen, originellen Ausdruck abzugewinnen und es auf diese Weise zu aktualisieren. Ähnlich verhält es sich mit der Singstimme, der — wie schon im ersten Stück — dadaistische Silben zugeordnet sind, welche der instrumentalen Führung des Gesangsparts verdeutlichen. Scheinbar spontan gelangen die Solistinnen zu einem heiter-beschwingten, manchmal improvisatorisch anmutenden Zusammenspiel.

Martin Lichtfuss

Fassung für Alt, Violine & Akkordeon |Dauer 7'00" | Details

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Bernhard Landauer – Alt
Annelie Gahl – Violine
Harald Pröckl – Akkordeon

Die Rhapsodie I für Alt, Violine und Akkordeon entstand 2002/03 zunächst als eines von zwei Stücken für Singstimme und Viola d’amore und wurde 2008 für die vorliegende Besetzung umgearbeitet. In ihr verbindet sich lyrische Empfindung mit lockerer Spielfreude.

Dabei entfalten sich zwischen den Instrumenten breite lyrische Bögen und beziehungsvolle Wechselgesänge. Der Vokalpart ist durchwegs instrumental gehalten und bewegt sich teils dialogisierend, teils gemeinsam mit Violine und Akkordeon. Eine überraschende Stretta markiert zum Schluss hin eine Öffnung.

Zunächst einige Worte über jene Ebene Rodins, die ich nicht angetastet habe: die Symbolik der Skulpturen. Die Skulpturen sind (wie viele andere Werke Rodins auch) Studien über die Liebe: Gott hat, könnte man sagen, die Liebe in Gestalt eines Paares (!) geschaffen, mit all jener Erotik, die der Bildhauer auf so unvergleichliche Weise zum Ausdruck gebracht hat. Die Liebe ist somit „Gottes Haus“ auf Erden: die Kathedrale (es handelt sich um zwei rechte Hände!). All dies freilich ist ein „Geheimnis“.

Dieser Ebene ist nichts hinzuzufügen, zumal Musik ja ohnehin (gute zumindest) stets geheimnisvoll bleibt. Aber es gibt noch andere faszinierende Schichten: das Brüchige, Unfertige etwa, das in Rodins Werken immer eine große Rolle spielt. Ein Bereich auch, der mich fesselt (und der übrigens in der Musik des 20. Jh. eine entscheidende Rolle spielt): abrupte Stimmungsumschwünge, „unfertige“ Entwicklungen, Anti-Schlüsse etc. Auch Liebe ist nie „fertig“. Der Betrachter/Zuhörer kann ja in Gedanken „vollenden“. Die „Hand Gottes“ hat etwas in Gang gesetzt, nichts Fertiges jedenfalls, und wir bemühen uns, nach „Vollendung“ strebend, um Zuversicht. Die Assoziation zum Bach-Choral „Was Gott thut, das ist wohlgethan“ ergab sich für mich aus der meditativen Betrachtung; distanziert allerdings – mit einem Fragezeichen versehen.

Bei der Musik zur Kathedrale standen, mehr als bei den anderen Stücken, formale Überlegungen im Vordergrund: Das Bild der zwei gleichen Hände, die einander durch Ähnlichkeit ergänzen und so Verschiedenheit mit Gleichheit verbinden, ging für mich auf in Gestalt eines zweistimmigen Umkehrungskanons, vorwiegend manualiter gespielt. Wichtig für mich war hier der optische Eindruck der Skulptur: Das Bild der Finger, die, durchlässig, etwas zu halten versuchen, schlug um in ein Netz von Tönen, in komplementärer Rhythmik und mit leicht minimalistischem Einschlag.

Die Rodin-Meditationen setzen, neben all diesen Überlegungen, drei Facetten meines musikalischen Empfindens um: energische Dramatik mit abrupten Stimmungsverläufen, ein Bereich des appassionato vielleicht in der Hand Gottes, lyrische Empfindungen, rätselhaft gebrochen im Geheimnis, und spielerische Motorik in der Kathedrale.

Martin Lichtfuss

Mobile

für fünf Flöten [ 2002 ]
Dauer ca. 10’00“
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Ensemble Q: Birgit Ebenbichler, Elke Klar, Roswitha Tiefenthaler, Hannes Schober, Bernhard Winkler

Ausgangspunkt für dieses Flötenquintett war die Vorstellung eines Klang¬bildes, wie es sich aus dem Zusammenspiel von fünf gleichen Instrumenten ergibt: also nicht das, was man als Flötenfamilie bezeichnen wollte. Gerade in der Beschränkung des klanglichen Spektrums lag die Heraus¬forderung, verschiedene Farben mit anderen Mitteln, dafür aber umso nach¬drücklicher aufleuchten lassen. Auf diese Weise ergibt sich der Zusammen-hang von Klang mit Harmonie und Rhythmus gleichsam wie von selbst.

Im erste Satz spielen die FlötistInnen „wie aus einem Mund“: ein einziges synchrones Unisono, harmonisch schillernd, rhythmisch vertrackt. Danach ein zartes, etwas zerbrechliches Stimmungsbild, in welchem sich das Ensemble in zwei Träger beweglicher Tongruppen teilt. Gegenstück zum ersten Satz bildet der Rahmen des letzten Stückes: dort bewegen sich die Instrumente gezielt nebeneinander und produzieren so wandernde Klangballen, durch die einzelne Zacken und Kanten aufblitzen. Diese ametrische und auf Klangver¬formung zielende Schreibweise versteht sich mit einer heiteren, unbefang¬enen Spielfreude als durchaus vereinbar, durch welche sich der Mittelteil plastisch abhebt. Hierin zeigt sich die Absicht des Komponisten, die er auch in anderen Werken immer wieder verfolgt: die Vielfalt unterschied¬licher, mitunter widersprüchlich scheinender zeitgenössischer Techniken und Klangmittel für einige Momente einzufangen und zu nutzen.

Martin Lichtfuss

Vier Stücke

für Violoncello und Akkordeon [ 2001 ]
Dauer ca. 14’00“
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Max Engel – Violoncello, Harald Pröckl – Akkordeon

Zwei Klangräume stehen hier einander gegenüber, die wunderbar miteinander verschmelzen, obwohl jedes der Instrumente seine Eigenart bewahrt: das Akkordeon mit seinem vibratolosen Ton als harmonisches Instrument und das Violoncello in seiner doppelten Rolle als Vertreter einer espressivo-Spielweise mit gelegentlicher Bass-Funktion. In der Duoformation zeigt sich besonders deutlich, wie die zwei Instrumente einander wechselseitig beleuchten und „umfärben“ können.

Neben der klanglichen Dimension ging es in den vorliegenden 4 Stücken um verschiedene Formen des Zusammenspiels: freie improvisatorische Teile bündeln sich immer wieder zu festen metrischen Abläufen, welche dann wiederum zerfallen können. Hinter den quasi aleatorischen Passagen stehen als „Bindemittel“ virtuelle Harmonien, deren Wahrnehmbarkeit mit der rhythmischen Verfestigung zunimmt.

Martin Lichtfuss

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Ent-Artung 2000

Drei Ab-Reaktionen für Flöte und Gitarre [ 2000 ]
Dauer ca. 12’00“
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Reza Najfar – Flöte, Alexander Swete – Gitarre

In den letzten Wochen verspürte ich mehrmals den unwiderstehlichen Drang, Ohrfeigen auszuteilen. Da bei einem derartigen Ansinnen jedoch die ernsthafte Gefahr bestanden hätte, mein Handgelenk beim Aufprall auf die Fernsehscheibe zu zertrümmern, habe ich mich entschlossen, meine Wut musikalisch umzusetzen.

In den drei Sätzen stellen die Töne F, E und H Zentren im Sinne einer beschränkten Tonalität dar. 

Martin Lichtfuss

„Monumentum“ – für H

Musik für Klavierquintett [ 1998 ]
Dauer ca. 9’00“
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C.E.D.A.G.-Quartett
Susanne Merth, Clemens Gahl – Violinen
Ernst Theuerkauf – Viola
Peter Polzer – Violoncello
Jan Aarsen – Klavier

Dieses Stück entstand als unmittelbare Reaktion auf den endgültigen Abschied meines Freundes & Komponistenkollegen Haimo Wisser – ein Ereignis, welches mich sehr aufgerüttelt hat. Die Erfahrung des Todes –  besonders, wenn er völlig unvermutet über uns hereinbricht – führt uns die Widersprüchlichkeit der uns umgebenden, zumeist von trügerischer Balance erfüllten Wirklichkeit auf dramatischste Weise vor Augen. Der musikalische Reflex darauf in eben dieser Widersprüchlichkeit ergab sich für mich wie von selbst.

Martin Lichtfuss

Presse

Martin Lichtfuss, seit 2005 Professor für Tonsatz an der Wiener Musik-Universität, ist stets durch seine intelligente Nutzung vielseitigster kompositorischer Mittel, seine erfinderische Vitalität und ein breit gefächertes Ausdrucksspektrum aufgefallen. Die Uraufführung seiner 1998 entstandenen, subtilen Trauermusik Monumentum für den früh verstorbenen Haimo Wisser zeigte ihn diesmal von einer stillen, verinnerlichten Seite, wenn die vier Streicher, von sparsamen Klaviertönen (Jan Aarsen) unterstützt, ihren leisen, langsamen, die Zeit anhalten wollenden, aber sehr intensiven Gesangs-linien folgen, die in eine Unendlichkeit zu führen scheinen.

 Jutta Höpfel,
Österreichische Musikzeitschrift, August 2007

Fünf Chansons

nach H.C. Artmanns  »Aus meiner Botanisiertrommel«
für Sopran & Klavier [ 1994 ] | Dauer ca. 17’15“
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Elisabeth Lang – Sopran, Keiko Geber – Klavier

Rotationen

für Blechbläserquintett [ 1992 ]
Dauer ca. 8’50“
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Ensemble Windkraft;
Dirigent: Kasper de Roo

Bei meinen Rotationen für Blechbläserquintett handelt es sich um eine Studie über sysnchrone/asynchrone musikalische Abläufe, im Einleitungs- und Schlussteil in freier Kombination der Stimmen, im Mittelteil unter dem Gesichtspunkt der Form des Kanons.

Diese Form hat mich hier zu einer ganz bestimmten musikalischen Gestalt geführt. Indem die Stimmen immer “hintereinander herlaufen”, ergibt sich Asynchronität gewissermaßen von selbst, es sei denn, synchrone Ereignisse werden von vornherein geplant und konsequent auf- und wieder abgebaut. Dies war dann der Reiz für mich, die Form des Kanons streng anzuwenden und gleichzeitig zu “überlisten”. Das Ergebnis ist ein Stück, in dem es keine abrupten Kontraste gibt, sondern in dem sich “Gravitationszentren” gebildet haben, um welche die Musik “rotiert”, Zentren, die sich langsam auf- und dann ebenso wieder abbauen (z.B. das rhythmische Unisono T. 91, die einzige Stelle übrigens, wo die Form des Kanons mit der Quartole durchbrochen ist, eine Steigerungsmöglichkeit, der ich einfach nicht widerstehen konnte). Der Charakter der Musik, in der Kontinuität eine gewisse Rolle spielt, hat durchaus auch etwas Minimalistisches an sich.

Martin Lichtfuss

Zwei Portraits

für Flöte und Harfe [ 1992/2016 ]
Dauer ca. 6’50“
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Sonate

für Violine und Klavier [ 1982/83 ]
Dauer ca. 17’40“
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Peter Lefor – Violine, Martin Lichtfuss – Klavier

In meiner Sonate für Violine und Klavier (1982/83) habe ich die wohl gültigste musikalische Form des 18. und 19. Jahrhunderts vorbehaltlos zur Grundlage der Gestaltung gewählt; ich habe dies getan, ohne sie zu hinterfragen oder mit „neuen Inhalten“ erfüllen zu wollen. Ich habe im Gegenteil versucht, das heute musikalisch weitgehend erschöpfend interpretierte Modell der klassischen Sonate ohne jeden Anspruch einer neuartigen Deutung oder Umformung als eben solches anzuwenden, auch wenn es auf diese Weise zunächst banal erscheinen mochte. Denn gerade eine solche Banalität zu thematisieren war für mich der Anreiz und Ausgangspunkt meiner Komposition.

Ich habe die Oberflächlichkeit einer durch Jahrhunderte ausgeschlachteten Form mit einer bewusst extrovertierten, sich auch zu äußerlichem Effekt durchaus bekennenden Musiksprache verbunden. Zu meinem eigenen Vergnügen habe in diesem Stück einmal ganz auf „reißerische“ Elemente gesetzt, ohne damit allerdings ein stilistisches oder gar ideologisches Bekenntnis ablegen zu wollen. Und wenn ich die in der Violinsonate gewählten musikalischen Ausdrucksmittel in meinen späteren Werken auch im Prinzip wieder aufgegeben habe, so entwickelte sich für mich in diesem Stück dennoch ein befruchtendes Spannungsverhältnis zwischen einem besonders im 19. Jahrhundert oft überfrachteten Gattungsbegriff und der Möglichkeit seiner spielerisch-unprätentiösen Auslegung aus heutiger Sicht. Ich habe so einerseits die Fragwürdigkeit der klassischen Sonatenform in der Gegenwart bewusst zu machen versucht, andererseits aber wiederum gerade diese Form auf eine sehr persönliche und auch für mich einmalige Art anerkannt.

Martin Lichtfuss

Epilog

für Flöte und Klavier [ 1982 ]
Dauer ca. 7’30“
Notenkauf [Edition Tilli]

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Alexandra Schlenck – Flöte, Martin Lichtfuss – Klavier

Drei Aspekte

für Blechbläserquintett [ 1981/82 ]
Dauer ca. 10’00“
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Rudolf Korp – Trompete
Hannes Buchegger – Trompete
Jürgen Bongartz – Horn
Sebastian Weiss – Posaune
Werner Gottschald – Posaune

In den Drei Aspekten von 1981/82, entstanden während der Wiener Studienjahre von Martin Lichtfuss, wird die Formation eines Blech¬bläserquintetts im Rahmen eines 10 Minuten Stückes auf drei verschiedene Arten wirkungsvoll zum Einsatz gebracht.

Der erste Abschnitt – Introduktion – besteht aus einer Maestoso Einleitung und einer lyrischen, von einer Horn-Kantilene getragenen Passage. Ihr folgt der zweite Teil – Fuge, in welchem die Instrumente kontrapunktisch zusammen¬wirken, ein im Bereich der Neuen Musik oft tabuisiertes Phänomen und daher bewusst gewählt. Traditionelle Kontrapunktik in barockem Sinne wird hier neu beleuchtet, indem ein Thema mit wechselndem Metrum die Eigenart des Satzes bestimmt, ein Verfahren, das in mehreren Kompositionen von Martin Lichtfuss immer wieder zum Einsatz gelangt. — Dritter und vielleicht dominierender Teil ist das Allegro capriccioso, ein burlesker, in ganz anderem Geist als die Fuge konzipierter Satz, in dem besonders auf die Sitzordnung des Ensembles Bedacht genommen wurde: Die Spieler werfen sich die Noten gleich Bällen zu, wobei vor allem die beiden Trompeter miteinander konkurrieren. Dieses „Jonglieren“ mit Tönen“ findet schließlich nach einem kurzen retardierenden Moment ein wirbelndes Ende.

Das Stück insgesamt versteht sich als lockere, im Konversationston gehaltene Musik, die um Abwechslung bemüht ist und auf geistreiche Art zu unterhalten versucht.

Martin Lichtfuss

An Eurydike

Musik für Streichquartett [ 1981 ]
Dauer ca. 19’00“
Notenkauf [Edition Tilli]

Details

Christina Bolze – 1. Violine
Irene Troi – 2. Violine
Jutta Puchhammer – Viola
Howard Penny – Violoncello

Die einzelnen Sätze sind trotz ihrer programmatischen Titel primär als Stimmungsmusik anzusehen; der zweite Satz wurde als Kern des Werkes unmittelbar durch den Stoff der Orpheussage angeregt.

Ausgangspunkt der Gestaltung war die Deutung des mythologischen Geschehens als „Traum“: Ein erster Abschnitt schildert die Unterwelt als Symbol des Schlafes, als Sphäre des Unterbewußtseins, in der uns vertraute Personen schattenhaft, aber nicht körperlich präsent erscheinen. Die Begegnung Orpheus‘ mit der Toten und der Wunsch, Eurydike wiederzusehen, also auch physisch wahrzunehmen, führen zur Erkenntnis der Realität, dem Erwachen aus der Phantesievorstellung. Nach einer kurzen Klage versinkt die Traumgestalt wieder ins Reich der „Nacht“. Orpheus bleibt die „Erinnerung“.

Martin Lichtfuss

Presse

„Forum junger Künstler“ im Linzer Brucknerhaus: am Beginn als gewichtigstes Werk des Abends „An Eurydike“ von Martin Lichtfuss, eine Art Streichersymphonie in 3 Sätzen von starker Ausdruckskraft, eine bohrende Musik, hinter der sich graue Angst zu verbergen scheint. Das Publikum hat das Stück verstanden und zollte dem als überlegenen Dirigenten des Abends agierenden Komponisten herzlichen Beifall.

Balduin Sulzer, Kronenzeitung, 15. 2.1990

Vier Stücke

für Klarinette, Trompete, Klavier und Schlagzeug
[ 1980/81 ] | Dauer ca. 18’00“
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Peter Rabl – Klarinette
Rudolf Korp – Trompete
Norbert Riccabona – Klavier
Hansjörg Maringer – Schlagzeug

Die Vier Stücke für Klarinette, Trompete, Klavier und Schlagzeug schrieb ich am Beginn meiner Studienzeit an der Wiener Musikuniversität im Alter von 21 Jahren. Mein damaliger kompositorischer Standpunkt war geprägt durch die Ablehnung der Nachkriegs-Avant-Garde und ihrer ästhetischen Ausgrenzungen.

Es war mir ein Bedürfnis, ganz bewusst Gestaltungsmöglichkeiten hervorzukehren, die seit den 60er Jahren in der sog. Neuen Musik tabu waren: eine vitale Rhythmik mit pulsierenden Metren, tonale Elemente und – ganz allgemein formuliert – eine positive Spielfreude ohne Berührungsängste vor Traditionellem. Die große Unbefangenheit in der Wahl der Mittel und der Mut zu gelegentlich auch plakativen Klangwirkungen zielten auf starke Unmittelbarkeit des Ausdrucks, die ich in der zeitgenössischen Konzertliteratur weitgehend vermisste.

All dies konnte man allerdings im Jazz finden, dem ich mich schon immer verbunden fühlte, obwohl er nicht meine musikalische „Heimat“ bildete. Ein Konzert von Ella Fitzgerald gab mir dann auch entscheidende Impulse bei der Ausarbeitung der Stücke. Ich nahm mir vor, die Klangwelten der sog. E- und U-Musik zu einer persönlichen Tonsprache zu verschmelzen. Bis zum heutigen Tag ist mein kompositorisches Denken von der Absicht geprägt, Divergierendes zu kombinieren und eine Brücke über scheinbar Unvereinbares zu spannen.

Martin Lichtfuss